4 leadership trust

4 Strategien für Teamleitung auf der Grundlage von Vertrauen

Die folgenden vier Schritte helfen Ihnen, ein erfolgreiches Team zu bilden, dessen Basis gegenseitiges Vertrauen ist.

In dieser Serie über die Entwicklung eines modernen Führungsstils haben wir uns bisher mit der Führung auf höheren Ebenen befasst und dabei den Zweck der Führung und die Bedeutung von Vertrauen herausgearbeitet. Mit dieser Grundlage können wir uns jetzt taktischen Aspekten zuwenden. Die folgenden vier Schritte helfen Ihnen, ein erfolgreiches Team zu bilden, dessen Basis gegenseitiges Vertrauen ist.

1. Jeden gleichermaßen zu Wort kommen lassen

Der aus dem Social Media Marketing stammende Begriff „Share of Voice“ beschreibt die Sichtbarkeit einer Marke im Vergleich mit ihren Wettbewerbern. Ähnliches lässt sich auch bei Teams beobachten: Sind die Sprechanteile ausgeglichen, oder nehmen einzelne Gesprächsteilnehmer einen besonders großen „Share of Voice“ in Anspruch?

Wie Menschen miteinander reden, ist ein wichtiger Teil der Teamdynamik. Als Führungskräfte sollten wir ein gutes Beispiel für das Verhalten des Team vorleben. Dabei profitieren wir davon, wenn wir uns bewusst machen, wie viel jeder Mitarbeiter bei Teamsitzungen beiträgt. Wenn jemand im Vergleich zu den anderen Teammitgliedern unverhältnismäßig viel bzw. wenig spricht, herrscht ein Ungleichgewicht. Wenn hingegen die tendenziell etwas „lauteren“ Teammitglieder gedämpft werden und den eher „ruhigeren“ mehr Redeanteil zugesprochen wird, führt das zu einem produktiveren und zufriedeneren Team.

Wenn ein Teammitglied gerne Diskussionen dominiert oder immer zuerst spricht, sollten wir überlegen, ob dadurch bestimmte Mitglieder womöglich nicht zu Wort kommen. Indem wir Gruppendiskussionen so umstrukturieren, dass die am wenigsten lautstarken Personen zuerst zu Wort kommen, schaffen wir einen offenen Dialog, bei dem mehr Ideen einfließen können.

Wer in einer Umgebung arbeitet, in der die Beiträge eines jeden Einzelnen wertgeschätzt werden, fühlt sich für seine Beträge belohnt und wird sich in Zukunft eher trauen, etwas zur Diskussion beizutragen.

Wir sollten auch auf untypische Verhaltensweisen achten und mögliche Ursachen berücksichtigen. Ist zum Beispiel ein Kollege während eines Meetings ruhiger als sonst (was eigentlich ganz untypisch für ihn ist)? Woran könnte das liegen?

Zu beachten ist auch, dass ja unsere eigene Stimme allein durch unsere Stellung als Führungskraft zusätzliches Gewicht hat. Deshalb kann es sinnvoll sein, unsere eigene Meinung zunächst etwas zurück zu halten, damit nicht am Ende wir selbst diejenigen sind, die dieses Ungleichgewicht verursachen.

2. Meinungsverschiedenheiten zu einem Ritual machen

Die amerikanische Videotheken-Kette Blockbuster Video wurde bekanntermaßen von Netflix überholt und hat die Streaming-Revolution verschlafen, da der Vorstand sich zu sehr auf seiner Erfahrung im Einzelhandelsgeschäft ausruhte. Hätte die Kommunikation zwischen den Hierarchieebenen besser funktioniert und die Führung besser auf die Stimmung in der Belegschaft gehört, die der Meinung war, dass digitale Downloads und Streaming die Zukunft sind, würde es das Unternehmen womöglich noch heute geben. Anstatt in das digitale Profil zu investieren, entschieden der Vorstand und der CEO, ganz auf den Einzelhandel zu setzen – der Rest ist Geschichte.

Dave Snowden spricht oft über die Wirkung der Unaufmerksamkeitsblindheit – die natürliche Neigung, das Richtige nicht zu erkennen, selbst wenn man es direkt vor Augen hat. Als wunderbares Beispiel dafür nennt er ein Experiment, bei dem Radiologen eine Reihe Röntgenbilder ansehen sollten, wobei auf einem der Bilder ganz deutlich ein Gorilla zu sehen war. Allerdings haben 83 % der Radiologen ihn gar nicht bemerkt. Noch schlimmer ist, dass die 17 %, die ihn gesehen haben, anschließend von den anderen 83 % überzeugt wurden, dass dort doch nichts war. Verschiedene ähnliche Experimente sind ein Beweis für die Unaufmerksamkeitsblindheit. Einige weisen auch darauf hin, dass höhere kognitive Belastung (z. B. Stress) dazu führt, dass die Probanden Dinge außerhalb ihres unmittelbaren Bezugsfeldes noch weniger bemerkten – wir sehen quasi nur das, was wir sehen wollen.

Diese Blindheit kann man Menschen nicht abtrainieren. Es reicht nicht, ihnen zu sagen, sie sollen „einfach mal besser hinschauen“. Ebenso schränkt ein starkes Machtgefälle zwischen Führungskräften und Geführten immer den freien Informationsfluss ein, da sich Menschen nicht wohl dabei fühlen, „Autorität“ in Frage zu stellen. Wir müssen dieses Machtgefälle offen und bewusst aufheben und Mitarbeiter dazu ermutigen, ihre Meinung zu sagen, auch wenn sie unserer eigenen widerspricht. Wir müssen diese 17 % der Menschen, die anders denken, aktiv aufspüren, ihnen schwierige Fragen stellen und – und das ist der schwerste Teil – ihnen tatsächlich zuhören.

Viele Führungskräfte haben das Gefühl, sie müssten „die“ Experten des Teams sein, zuerst das Wort ergreifen und ihre Ideen selbstbewusst präsentieren, während der Rest nur noch begeistert zustimmen muss. Die Mitarbeiter verfallen dabei dem so genannten Mitläufereffekt, wodurch das Team nicht mehr richtig in der Lage ist, kritisch zu denken. Ein Team ist stärker, wenn es viele verschiedene Gedanken und Herangehensweisen zulässt. Wenn eine einzelne, starke Stimme dominiert, kann das die Vielfalt im Laufe der Zeit untergraben und innovative Ideen im Keim ersticken. Auf diese Dynamik sollten wir in unseren Teams achten, weil auch sie abweichende Stimmen unbemerkt zu Verstummen bringt.

Der Mitläufereffekt lässt sich jedoch unterbinden, wenn wir in Teamdiskussionen Meinungsverschiedenheiten zu einem Ritual machen. Dafür müssen wir eine Sprache verwenden, die Mitarbeiter dazu einlädt, uns zu widersprechen, anstatt ihre Zustimmung einfach vorauszusetzen. Nehmen wir das Beispiel eines neuen Projekts, das in Kürze losgehen soll: Anstatt die Teammitglieder zu fragen, ob sie bereit sind, loszulegen, könnten wir versuchen herauszufinden, was ihrer Meinung nach noch fehlt und ob es Gründe gibt, warum wir mit dem Projektstart vielleicht noch warten sollten. Selbst wenn nur ein einziger Mitarbeiter Einwände hat, können wir ihm den Raum geben, in der Gruppe oder im Einzelgespräch seine Bedenken zu erläutern. Wenn wir ein solides Fundament des Vertrauens gelegt haben, sollten sich die Mitarbeiter wohl fühlen, wenn sie abweichende Meinungen äußern. Und wer weiß, ob Ihnen dadurch nicht die eine oder andere Katastrophe erspart bleibt.

Hier sind einige Ideen für Aussagen und Fragen, die zum Mitläufereffekt führen könnten und was wir stattdessen sagen können.

Anstatt:

  • So sollten wir's machen ...
  • Wir sind also startklar?
  • Kann's losgehen?
  • Mir gefällt Option A besser, und Ihnen?
  • Ich hoffe ja, dass alles erledigt ist.
  • Haben Sie alles, was Sie brauchen?

Bei solchen Fragen und Aussagen neigen Menschen dazu, geschönte Antworten zu geben. Abweichende Meinungen haben es dann schwerer.

Sagen Sie lieber:

  • Was denken Sie, was wir als Nächstes tun sollten?
  • Was muss noch erledigt werden, bevor es losgehen kann?
  • Wie weit sind wir mit der Vorbereitung (in %)?
  • Welche Optionen haben wir Ihrer Meinung nach?
  • Was kann ich tun, um Sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen?
  • Gibt es etwas, worüber Sie noch mehr Informationen brauchen?

All das lädt zu einer offenen Diskussion ein, in der die Richtung nicht schon im Vorhinein feststeht und in der nur die ehrliche Meinung zählt.

3. In einer gemeinsamen Satzung die Ziele festlegen

Als Führungskraft müssen wir die Ziele unseres Unternehmen klar kommunizieren. Dadurch sollen unsere Teams alle auf dieselben Ziele eingeschworen werden. Gleichzeitig haben sie so die Möglichkeit zu entscheiden, ob sie sich an der Mission beteiligen wollen. Wenn ja, dann bleibt nur noch die Frage, wie wir dorthin gelangen.

Um das zu erreichen, lohnt es sich, alle Teammitglieder zusammenzubringen und eine gemeinsame Satzung zu erarbeiten, in der niedergeschrieben ist, wie das Team arbeitet und warum. Ich arbeite dabei gerne mit diesen drei Punkten:

  • Richtung: Was ist unser übergeordnetes Ziel?
  • Umgebung: Welche Tools sollten wir verwenden und wie sollten wir zusammenarbeiten?
  • Bedingungen: Was sind unsere Standards bei der Arbeit und wie ist unser Verhaltenskodex?

Jedes Teammitglied sollte an der Satzung mitarbeiten und sie abzeichnen. Das ist wichtig, denn wenn Teams solche Satzungen selbst erstellen, identifizieren sie sich auch damit. Sie machen sich dann die darin festgeschriebenen Werte und Ziele viel mehr zu eigen als bei einer vom Unternehmen vorgegebenen Satzung (egal, wie freundlich sie formuliert ist). Gleichzeitig müssen wir wahrscheinlich auch die bereits erwähnten Punkte wie Mitläufereffekt und faire Gesprächsanteile berücksichtigen.

Sobald unsere Ziele klar feststehen und die Teammitglieder sie verstehen und unterstützen, können wir es uns erlauben, ihnen eine gewisse Freiheit beim Erreichen dieser Ziele zu gewähren. Grundsätzlich wollen Menschen gute Arbeit leisten und ihren Teil zum Wohl des Teams beitragen. Es gibt also eine natürliche Motivation, die von Natur aus vorhanden ist. Wir können sie nutzen, indem wir einen Rahmen schaffen, innerhalb dessen sich die Mitarbeiter frei enthalten können.

Langfristig führt ein konstruktives, ehrliches und offenes Klima im Team dazu, dass die Mitglieder einerseits sich selbst dem Erfolg des Teams mehr verpflichtet fühlen und andererseits andere (einschließlich der Führungskraft) stärker ihrer Verantwortung bewusst machen – natürlich stets respektvoll.

4. Möglichkeiten für Eigenverantwortung schaffen

Jetzt wo die Satzung steht, können wir die Teammitglieder ermutigen, die Verantwortung für die Arbeitsabläufe zu übernehmen und selbst zu überlegen, wie sie das Team voranbringen können. Besonders die Möglichkeit, kleine Experimente auszuprobieren, bei denen ein Fehlschlag keine allzu großen Konsequenzen hat, fördert das Gefühl, selbst etwas bewegen zu können. Wenn sie etwas Neues ausprobieren möchten, sollten wir versuchen, ihnen das auch zu ermöglichen.

Sobald sich diese Prozesse eingependelt haben, können wir einen Schritt zurückgehen, zusehen und vom Team lernen. Werden die Bedingungen gut kultiviert, entstehen Ideen, mit denen wir nie gerechnet hätten. Wir können nach Möglichkeiten suchen, diese Ideen in unseren Betrieb zu integrieren, anstatt nach Gründen zu suchen, warum das nicht möglich ist. Andernfalls kann es passieren, dass die Mitarbeiter irgendwann einfach keine Ideen mehr vorschlagen, womit wir Chancen für Innovation und Flexibilität verspielen.

Bei geschickter Umsetzung können umsichtig gestaltete Innovationen und Experimente einen positiven Einfluss auf weit mehr als nur die Umgebung des Teams haben. Es kann sogar den Kurs des gesamten Unternehmens neu ausrichten. Das war in den 1960ern bei Intel der Fall. Dort führten die Führungskräfte eine Kultur ein, die zum Experimentieren anregte und den Teams gestattete, eigene Ideen zu auszuprobieren.

Intel war bereits ein Hersteller von Computerspeichern, die Konkurrenz durch ausländische Hersteller drückte jedoch mit kostengünstigeren Produkten die Preise. Dank der Kultur bei Intel konnte das mittlere Management entscheiden, die Produktion von Speicher auf CPUs umzustellen, ohne dafür die Zustimmung der Geschäftsführung einholen zu müssen. Damit haben sie das Gesicht und die Ausrichtung des Unternehmens von innen heraus verändert. Der Höhepunkt war die Einführung des Intel 4004, des ersten im Handel erhältlichen Mikroprozessors. Damit konnte sich Intel als das führende Unternehmen auf dem neu entstehenden Markt für Mikroprozessorten etablieren.

Führung und Teamdynamik spielen in verschiedenen komplexen Disziplinen eine Rolle. Die modernen und sich ständig weiterentwickelnden Methoden stützen sich auf Psychologie, Anthropologie, Datenwissenschaft, Komplexitätstheorie und eine Vielzahl anderer Bereiche. Dabei haben einige bedeutende moderne Theoretiker nicht nur mein Denken geprägt, ihre Gedanken finden sich auch in meinen Posts wieder. Wenn etwas davon Ihr Interesse geweckt hat und Sie Ihr Wissen in diesem Bereich weiter vertiefen möchten, empfehle ich Ihnen die folgenden Quellen, um sich grundlegend mit der Thematik vertraut zu machen:

Dave Snowden, David Marquet, Patrick Lencioni und Simon Sinek. Wenn Sie tiefer eintauchen möchten, besuchen Sie einen Kurs von Cognitive-edge.com, informieren Sie sich über das Cynefin-Framework, lesen Sie The Flow System (Englisch) und Das unendliche Spiel und besuchen Sie die Websites von re:Work with Google und den Complexity Explorer. Es gibt unzählige Quellen, mit denen Sie mehr über die moderne Führung lernen und Ihr eigenes Verständnis diesbezüglich schärfen können. Ich wünsche Ihnen das Beste auf dieser Reise – und vielleicht sehen wir uns unterwegs ja.

 

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Andy Birchall

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